USA.
„Kritische Lebensereignisse“ (wie schwere Erkrankungen, Tod einer
nahestehenden Person, Arbeitsplatzverlust) bergen ein hohes Risiko in
sich, Depressionen auszulösen. Diese Gefahr nimmt mit jeder
durchstandenen Depression deutlich ab. Deshalb lassen sich Neuerkrankungen
um so weniger als Reaktion auf „kritische Lebensereignisse“
interpretieren, je größer die Zahl erlebter Depressionen ist. Immer mehr
stellen sie sich „aus Gewohnheit“ ein.
Diesen Schluss ziehen S. K.. Kendler und Kollegen aus einer Studie
an 2.395 Frauen einer Zwillingsbefragung. Während des 9jährigen
Beobachtungszeitraums wurden die Teilnehmerinnen viermal interviewt.
Dadurch standen der Auswertung 97.515 Beobachtungsmonate zur Verfügung.
In ihnen war 1.380mal eine Major Depression neu aufgetreten.
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Der kontinuierliche
Bedeutungsverlust kritischer Lebensereignisse endete nach der neunten
Depression (wobei die den Zusammenhang beschreibende Odds Ratio von anfänglich
9,38 auf 3,13 sank). Bis zur 33. Depression nahm die Bedeutung kritischer
Lebensereignisse wieder leicht und kontinuierlich zu (bis zu einer Odds
Ratio von 5,05), um dann endgültig langsam abzunehmen.
Ob man schneller depressiv wird,
hängt nicht nur von neuen kritischen Lebensereignissen ab. Auch die Zahl
vorhergegangener Depressionen hat darauf Einfluss. Für letztere scheint
es ebenfalls einen „Schwelleneffekt“ zu geben, wie Schwankungen des
entsprechenden Risikofaktors zeigen. Er verringerte sich zwischen der 9.
und 18. Depression vorübergehend (von 6,5 auf 5,74), um dann mit
jeder weiteren Depression wieder kontinuierlich anzusteigen (bis zu einem
Wert von 8,4 ab der 34. Depression).
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Nach Ansicht der Autoren bestätigt ihre Studie die in der
elektrophysiologischen Forschung entwickelte „Kindling Hypothese“. Nach
dieser Theorie sensibilisieren Depressionen das Nervensystem, so dass es auf
immer geringfügigere ähnliche Reize gleichförmig „anspringt“. Indem
jede weitere Depression die Bereitschaft erhöht, neue Informationen negativ
zu verarbeiten, entkoppelt sie das Erkrankungsgeschehen von Umweltreizen.
Weiteren Depressionen wird so das Feld bereitet. Nach 9 durchlaufenen
Depressionen scheint der beschriebene Bahnungseffekt eine gewisse Sättigung
zu erreichen.
K.
S. Kendler u.a.: Stressful life events and previous episodes in the etiology
of major depression in women: An evaluation of the „kindling” hypotheses.
Am. J. Psychiatry 2000 (157) 1243-1251
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